Die alte Storchendame, Teil 5: 2003

Über diesen Vogel ist auf diesen Seiten schon alles gesagt. Es tut mir leid, aber neue Superlative fallen mir nicht mehr ein! Seit Johannes Thienemann 1906 in Rossitten mit der wissenschaftlichen Beringung begann, wurden bis zur Alten erst zwei 29jährige freifliegende Weißstörche festgestellt. Jetzt sind es also drei. Gekommen ist die Alte zu der für Süd-Ostzieher üblichen Zeit: in der ersten Aprilhälfte, einer der Störche landete am 4. April im Horst, der andere am 10.

Ich konnte erst gegen Ende April in den Kirchturm steigen. Die beiden unterbrachen ihr Brutgeschäft in den üblichen kurzen Abständen, um die Eier zu drehen, drei dürften es mindestens gewesen sein. Und die alte Dame ließ sich trotz der seit Brutbeginn schon fortgeschrittenen Zeit immer noch von ihrem Partner in die Höhe kraulen, viel Geduld und ein bisschen Zärtlichkeit unten am Halsansatz scheint bei Störchen fast immer zu helfen.

Ob alles gut geht im Nest auf dem Kirchengiebel, das werden die nächsten Wochen zeigen. Als ich die Beiden beobachtete, wehrte das Männchen nach gemeinsamen Abwehrklappern den Angriff eines Störenfrieds auf den Horst ab, der Angreifer versuchte es danach auch noch bei den Nachbarn von der Fischräucherei. Aber das war mit Sicherheit nicht der letzte Ärger, denn jetzt, Anfang Mai, sind nach allen Beobachtungen noch relativ viele unverpaarte Störche unterwegs. Offenbar gab es auf der östlichen Route irgendwo eine Schlechtwetterregion, die für Verspätungen sorgte. Ich werde nachschauen, ob und wenn ja, wie viele Jungstörche die Alte in ihrem 11. Jahr auf dem Kirchengiebel groß zu füttern hat.

Mitte Juli habe ich in dem Horst auf der Kirche nachgezählt: Drei gut genährte Jungstörche, alle schon mit dem neuen ELSA-Ring der Beringungszentrale Hiddensee am Bein, über dem Intertarsalgelenk.

Beim Füttern verschwand die Alte immer wieder hinter den weit gespreizten Flügeln der drängelden Jungenschar, und weil in einem Falle ihr Partner sehr schnell von der Nahrungssuche zurückkam, haben die beiden auch mal zur gleichen Zeit ihre Jungen versorgt, wie in den Fotos hier zu sehen.

Storchenbetreuer Falk Schulz hatte sich zum Beringen mit dem Hubwagen zum Kirchturmgiebel hochhieven lassen. Die Alte schaute der Aktion von ihrem gewohnten Ruheplatz auf dem Dachfirst der benachbarten alten Dorfkirche zu. Die drei Jungen von Quitzöbel tragen jetzt die Ringe A 1606 bis 1608 als lebenslanges Erkennungszeichen.

In der Prignitz, Deutschlands storchenreichstem Landkreis, konnte Falk Schulz nur rund 170 Jungstörche beringen. Ein schwaches Storchenjahr selbst hier an der Elbe. Ursache scheint eine Kombination aus Nahrungsmangel im Brutgebiet (Trockenheit zur Schlupfzeit) und später Ankunft vieler Störche zu sein. Schulz und andere Storchenbetreuer vermuten als Grund dafür Nahrungsmangel in den Überwinterungsgebieten und/oder auf dem Zugweg. Die meisten der Spätankömmlinge versuchten erst gar keine Brut.

Lange wird die Alte nicht mehr auf ihrem Nest bleiben. Spätestens Mitte August verschwinden die Jungen, zwei Wochen später wird sie mit ihrem Partner auf den Zug gehen. Wie lange Brutpaare gemeinsam ziehen, das ist wie vieles andere bei den angeblich so gut bekannten Störchen unbekannt.

Auf Wiedersehen in 2004!